Im Gespräch mit Kunsthistorikerin und Kuratorin Victoria Dejaco wird sich die Künstlerin Doris Piwonka mit ihrer jüngsten Publikation auseinandersetzen, aber auch über die Wurzeln und Hintergründe ihrer Arbeit sprechen. Angesichts ihres bisherigen Schaffens wird ein Katalog publiziert und im Künstlerhaus, Halle für Kunst und Medien erstmalig präsentiert.
"Doris Piwonka unternimmt in ihren Bildern ein (,semiologisches Abenteuer', die Bilder entziehen sich bis zu einem gewissen Grad einer alles dechiffrierenden Lektüre; ihre Malerei, wie Malerei grundsätzlich, leistet Widerstand, bleibt exzessiv, selbst in der Reduktion. Piwonka operiert mit einem oszillierenden Zwischenraum, einem espace interstitiel, wie Marin es formuliert, oder, um – auf Marin referierend – mit Till Bardoux und Michael Heitz abzuschließen: (,Die Textualität hatte von der Oberfläche des Gemäldes weggeführt, mit der Textur kehrt man zu ihr zurück. Doch ist es so, als ob durch diese Hin- und Rückbewegung des Schauens und Denkens sich auch die Oberfläche selbst wesenhaft umgewendet, verwandelt hätte. Sie lässt sich nicht mehr einfach gegen einen Tiefenraum setzen. Sie bleibt durchscheinend auf die Tiefe hin und zugleich opak. Zwischen zwei Oberflächen, Leinwand und Grund, kann sich so ein Quasi-Raum eröffnen, der vielleicht nur noch in Paradoxa (,transluzide Fülle‘) denkbar und ausdrückbar ist. Jede Entscheidung für nur eine der möglichen Betrachtungsweisen des Bildes – referentielle Illusion oder pikturale Abstraktion – muss dort in der Schwebe bleiben; die Dualismen (illusionistische Tiefe des perspektivischen Raumes vs. sinnlich erfahrbare Materialität bzw. Fülle des Sinns vs. Plattheit des Oberflächlichen) machen einem Changieren in einem Möglichkeitsraum Platz.“ Vielleicht hält es Doris Piwonka auch ein bisschen mit de Kooning, der fand, er müsse sich dem (,Stil' gegenüber verweigern, denn (,Stil' erscheine ihm als eine bourgeoise und damit wohl unzeitgemäße Form."
(Aus Sabine Folie: Figur und Grund - Grund und Figur)
Doris Piwonka, geboren 1968 in Judenburg, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Prof. Gunter Damisch. Ihre Werke wurde u.a. in folgenden Ausstellungen gezeigt: TYPE, PLEASE kuratiert von Sabine Folie, Galerie Raum mit Licht, Wien; Doris Piwonka, Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien, Graz (2013), Abstraktion und Subtraktion, ehem. Galerie Lisa Ruyter, Wien (2012); Georg-Eisler-Preis 2010, Ausstellung der nominierten Künstler/-innen, Bank Austria Kunstforum, Wien (2010); Concetti di pittura, ar/ge kunst Galleria Museo, Bolzano (2006); Ausstellung zum Förderungspreis des Landes Steiermark für zeitgenössische bildende Kunst, Neue Galerie Graz (1999).
Victoria Dejaco arbeitet als freischaffende Kuratorin. Seit 2011 realisierte sie Projekte und Ausstellungen in Österreich, Italien, der Schweiz, Bulgarien und Polen, während sie den Ausstellungsraum Hallway Gallery in Wien leitete (2011–2013) und als Galerieassistenz der Galerie Emanuel Layr arbeitete (2012–2014). 2013 zog sie nach Graz, um für zwei Jahre die Stelle der kuratorischen Assistenz des Grazer Kunstvereins zu übernehmen. Seit 2015 leitet sie die Sammlung Stolitzka in Graz.
Sabine Folie (*1962 in Bozen, Italien) ist Kunsthistorikerin und Kuratorin und lebt in Wien. Sie leitet das VALIE EXPORT Center. Forschungszentrum für Medien-und Performancekunst in Linz und ist Gastprofessorin für Kulturgeschichte der Moderne an der Bauhaus Universität Weimar. Von 2008 bis 2014 war sie Direktorin der Generali Foundation, Wien und von 1998 bis 2008 Chefkuratorin der Kunsthalle Wien. Sie kuratierte u.a. monografische Ausstellungen zur Arbeit von Marcel Broodthaers (2003), Eva Hesse (2004), Dorothy Iannone/Lee Lozano (2006), Ree Morton (2008), Ana Torfs (2010), Danica Dakić (2010), Morgan Fisher (2012), Ulrike Grossarth (2014) und Willem Oorebeek (2016). Zu den von ihr kuratierten thematischen Ausstellungen zählen u.a. Un Coup de Dés. Bild gewordene Schrift. ABC einer nachdenklichen Sprache (2008); Die Moderne als Ruine. Eine Archäologie der Gegenwart (2009); unExhibit (2011).