Das Thema des heurigen steirischen herbstes berührt Diskurse unserer heutigen Lebenswirklichkeit unter dem Konnex zur historischen Umbruchszeit kurz vor dem 2. Weltkrieg: Unter dem Titel „Grand Hotel Abyss“ (Grand Hotel Abgrund), welcher 1933 angesichts eines diffusen, ambivalenten Gefühls von erreichtem Wohlstand und Fortschritts, aber auch zunehmender Verunsicherung, Isolation und Angst vor den aufkommenden Gefahren des Faschismus von dem ungarischen Philosophen Georg Lukács geprägt wurde, geht es in Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklungen auch um mögliche beachtenswerte Querverbindungen und Entwicklungen. Das Gedankengut Lukács’ beeinflusste zahlreiche Theoretiker seiner Zeit; neben Ágnes Heller, Leo Kofier oder Rudi Dutschke nicht unwesentlich auch die Arbeit der Frankfurter Schule. Dennoch wurden Lukács Arbeiten immer wieder stark kritisiert, vor allem in Hinblick auf die Begriffe „Dialektik“ und „Verdinglichung“. Als ein Kritiker stand Theodor W. Adorno der marxistischen Argumentation von Georg Lukács entgegen, gleichzeitig sind durchaus Interesse und eine gewisse Weiterentwicklung zu erkennen. Beiden gemein ist die diskursive, öffentliche und mitunter auch suggestive Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und Politik ihrer Zeit, und das Herausfordern ihrer Potentiale hin zu einer (vermeintlich?) besseren Zukunft. Bekannt sind auch Adornos pointierte Aussagen über Musik (Schönberg vs. Jazz), Populärkultur oder die Kulturindustrie. Nachdem aber Georg Lukács in „Die Zerstörung der Vernunft" die gesamte deutsche bürgerliche Philosophie nach Hegel als reaktionäre und irrationale Antwort auf das Phänomen des Klassenkampfes bezeichnet hat, geschieht es Adorno recht, dass Seppo Gründler und Robert Lepenik seine Texte launig und eklektizistisch in Pop-, Rock-, Ambient- und Blues-Improvisationen verarbeiten. In singbare Teile zerstückelt, dienen seine Texte als Material für Chorus oder Strophe, die spontan in der Improvisation entstehen. „Für mich waren die Minima Moralia so eine Art von Lebenskunst“, sagte der Gründer des Frankfurter Merve Verlags, Peter Gente, über das Vademekum der 68er: „Reflexionen aus dem beschädigten Leben“, die auch den textlichen Grund der Performance bilden, nicht zuletzt auch wegen des berühmten Zitats: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“. Gründlers und Lepeniks langjähriges experimentelles Wirken an der Schnittstelle Pop und ernste Musik gleicht gerade auch in diesem Projekt einer fröhlichen Wissenschaft. Zwei Alleinunterhalter spielen zugleich und gemeinsam: Lepenik Gesang und (Pop) Begleitung, Gründler Gesang und (rhythmische) Begleitung.
Seppo Gründler (*1956 Klagenfurt, lebt in Graz) ist ein Sound- und Medienkünstler, der sich im Feld zwischen Gitarre, Software und Elektronik verortet. Gründler ist Mitorganisator des Steirischen Improvisationsorchesters, promovierter Mediziner und Gastprofessor für Sounddesign an der Donau-Universität Krems sowie Assistenzprofessor an der FH Joanneum, Mitglied des Vorstandes der Institut für Medienarchäologie und der Gesellschaft zur Verbreitung und Verteilung neuer Musik.
Robert Lepenik (*1966 Graz, lebt in Graz) studierte Klassische Gitarre an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich intensiv mit Improvisation und Elektronischer Musik. Lepenik ist Mitglied der Künstlerkollektive TONTO und crew8020_music sowie der Bandprojekte The Striggles, The Gitarren der Liebe, Melville, LaLeLoo und Fetish 69 und hat bislang zwölf Tonträger mit eigenen Arbeiten veröffentlicht. Daneben wirkt er als Kurator verschiedener Filmreihen und schreibt Musik für Theater und Film.