Künstlerhaus
Halle für
Kunst & Medien

Burgring 2
8010 Graz, Austria
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Journal
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Eintritt frei, keine Anmeldung erforderlich.

17 10 2019  18:00

Historisches und kulturpolitisches Weichbild der Nachkriegszeit

Siegfried Beer, Johannes Feichtinger, Birgit Johler, Gespräch
Foto: Markus Krottendorfer

Der feierlichen Eröffnung des Grazer Künstlerhauses am 20. Juni 1952 gehen jahrzehntelange Versuche zur Entstehung, Streitigkeiten über Finanzierung, den Standort und die Administration der Institution voraus. Doch nicht umsonst stieß das langersehnte Vorhaben ausgerechnet in der Nachkriegs- und Besatzungszeit Österreichs auf ernsthafte Bemühungen und positive Reaktionen aus der Politik, die schlussendlich zu seiner Umsetzung führten. Die in Graz stationierten britischen Truppen verfolgten ein ausgedehntes Kulturprogramm, was dazu dienen sollte, das Bewusstsein für die österreichische Identität neu zu definieren und, letzten Endes, Österreich zu öffnen und zurück zur Demokratie zu führen. Dabei standen sich eine „internationale Moderne“ und eine „bodenständige Moderne“ gegenüber, die gerne in einer kosmopolitisch-fortschrittlichen und einer lokal-traditionalistischen Auslegung von Kunst, Gesellschaft und Geschichte mündete. Der Historiker Siegfried Beer zeichnet an diesem Abend im Gespräch mit der Kuratorin Birgit Johler vom Grazer Volkskundemuseum und Kulturhistoriker Johannes Feichtinger von der Akademie der Wissenschaften ein historisches und kulturpolitisches Weichbild der Steiermark und von Österreich in der Nachkriegszeit. Damit wird auch die Zeit um die Entstehung des Grazer Künstlerhauses beleuchtet, deren Ereignisse den Bau und seine Entwicklung begleitet haben.

Der steirische herbst 2019 setzt sich unter der Überschrift „Grand Hotel Abyss“ und dessen Bezug auf den ungarischen Philosophen, marxistischen Interpreten und politischen Aktivisten Georg Lukács mit dem Verhältnis der Intellektuellen – und ihrer Ratlosigkeit – angesichts der erkennbar ansteigenden Gefahren des Faschismus in der Zeit knapp vor dem Zweiten Weltkrieg auseinander. Darüber hinaus befasst sich das Künstlerhaus, welches 1951/52 während der de facto auslaufenden britischen „Besatzung“ und ihrer die Demokratie, den Wiederaufbau und die Fassung einer österreichischen Identität stärkenden bzw. ermöglichenden Administration im Auftrag des Landes Steiermark als erster Kulturbau Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurde, in inhaltlicher Anlehnung an die ausstellenden Künstler_innen Jasmina Cibic, Jeremy Deller und Ian Hamilton Finlay mit seiner eigenen Entstehungs- und Architekturgeschichte sowie Ausstellungshistorie und dehnt somit den historischen Rahmen bis in die Nachkriegszeit. Zu diesem Zweck sind Persönlichkeiten aus verschiedenen Disziplinen im Rahmenprogramm der Institution dazu eingeladen, die Gründung und Entwicklung des Grazer Künstlerhauses bis hin zu einer aktuellen Form einer Halle für Kunst & Medien aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.

Nach seiner Habilitation für Zeitgeschichte an der Universität Graz lehrte Ao.Univ.-Prof.i.R. Mag. Dr.phil. Siegfried Beer (*1948 Scheibbs, lebt in Graz) ebendort als außerordentlicher Professor. Er ist Mitglied der Historischen Landeskommission für Steiermark (HLK) und der European Academy of Sciences and Arts. Seit 2008 leitet er das Botstiber Institute for Austrian-American Studies (BIAAS) in Media, Pennsylvania. 2004 gründete Beer das Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies (ACIPSS) und ist zudem seit 2007 Herausgeber des „Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies“ sowie des Sammelbandes „Die ‚britische’ Steiermark 1945–1955“ (Graz, 1995) und „Focus Austria. Vom Vielvölkerreich zum EU-Staat. Festschrift für Alfred Ableitinger zum 65. Geburtstag“ (Graz 2003).

PD Dr.phil. Johannes Feichtinger (*1967 Hartberg, lebt in Wien) habilitierte an der Universität Wien im Fach Neuere Geschichte, wo er seit 2010 lehrt. Seit 2004 ist Feichtinger als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien tätig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die globale und regionale Wissenschaftsgeschichte und im Bereich der Kulturwissenschaften die Themen postkoloniale Theorie, Gedächtnis und Erinnerung sowie Identität. Zu seinen Publikationen zählen „Die Kulturpolitik der Besatzungsmacht Großbritannien in Österreich“ (in: Alfred Ableitinger, Siegfried Beer, Eduard Staudinger (Hg.), Österreich unter alliierter Besatzung. 1945–1955, Wien 1998) und „’A Step towards Unification’. Großbritannien und die Anfänge der Konsolidierung von Währung und Wirtschaft in Österreich“ (in: Siegfried Beer (Hg.), Die „britische“ Steiermark 1945–1955, Graz 1995).

Mag.a Dr.in Birgit Johler (*1970 Dornbirn, lebt in Graz und Wien) studierte Volkskunde/Europäische Ethnologie und Romanistik in Wien. Als Kuratorin war sie u.a. für das Jüdische Museum Wien, das Volkskundemuseum Wien, das Staatliche Museum Auschwitz Birkenau und das Haus der Geschichte Österreich tätig. Seit Juni 2019 ist sie Kuratorin für Volkskunde am Universalmuseum Joanneum. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Museumsgeschichte, Materiellen Kultur, Alltagsgeschichte und Nationalsozialismus/Holocaust. Sie unterrichtet an der Universität Wien und war auch an den Universitäten Graz und Innsbruck als Lehrende im Bereich Museologie tätig. 2014 war sie Fellow am Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Universität Münster.

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