Mit Jahresbeginn 2018 feierte das Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien sein fünfjähriges Jubiläum seit der Neuausrichtung des Hauses, mit dem Schwerpunkt Internationalisierung und Förderung herausragender regionaler und junger Kunstproduktion an der Schnittstelle von bildender Kunst hin zu ihren medialen Spielarten. Daran angeschlossen hat sich erfreulicherweise eine Verlängerung des Landes Steiermark um eine weitere Periode. Ebenso wird das Haus von der Stadt Graz und dem Bundeskanzleramt fortlaufend unterstützt. 2020 wird der Kunstverein Medienturm, heute Betreiber der neu etablierten Institution, sein zwanzigjähriges Jubiläum feiern. Neben seinen zahlreichen Aufgaben steht das Künstlerhaus neben anderen wichtigen Playern in der Verantwortung den guten Ruf, den sich Graz in der internationalen Kunstwelt erarbeitet hat, weiterhin konkurrenzfähig zu halten.
Vorrangiges Ziel in der programmatischen und strukturellen Ausrichtung ist die Weiterentwicklung nach dem Vorbild einer Kunsthalle. Schwerpunkte auf diesem Weg in den nächsten zwei Jahren sind eine fortgeführte Internationalisierung, Realisierung substantiell größerer Projekte, neu die Digitalisierung der Publikationstätigkeit „KM– Journal, das Magazin im Web“ und flankierend zeichensetzende Kunst im Außenraum und ein Vermittlungsprogramm, das für alle zugänglich ist. Kurz ein qualitativ hochwertiges Programm mit maximaler Reichweite umzusetzen und anzubieten.
73 Ausstellungen hat das Künstlerhaus – Halle für Kunst & Medien unter neuer Ausrichtung und Leitung seit 2013 umgesetzt, knapp 1.000 Kunstwerke waren zu sehen und 257 Rahmenveranstaltungen fanden statt. In den letzten Jahren wurden Programme rund um Fragestellungen von Diversität, Digitalisierung, Urbanisierung oder Transgender im Zusammenspiel mit geopolitischen und kunsthistorischen Aspekten realisiert. Bei aller thematischer aktueller Relevanz spielt die künstlerische Produktion und ihre bestmögliche Darstellung eine zentrale Rolle. Mit 33 Print-Publikationen, zuletzt bei internationalen Verlagen wie Walther König und Sternberg Press herausgegeben, ist eine umfassende inhaltliche Auseinandersetzung wie Dokumentation und Verbreitung gegeben.
Kulturlandesrat Christopher Drexler: „Das Künstlerhaus – als Halle für Kunst und Medien – kann man in seiner aktuellen Gestalt mit Fug und Recht als Erfolgsprojekt bezeichnen. Wenn man sich anschaut, was für das Jahr 2019 geplant ist, dann glaube ich sagen zu können, dass wiederum ein herausragendes Programm gelungen ist.
Das Künstlerhaus hat eine unverzichtbare und auch unverwechselbare Rolle in der steirischen wie auch der grazer Kulturszene eingenommen – das ist gut so und soll so bleiben.“
Programmjahr 2018
Die Förderung junger österreichischer Künstler_innen fand zu Beginn des Programmjahres 2018 ihren Niederschlag in Ute Müllers erster institutioneller Einzelausstellung und der erfreulich zeitnahen Verleihung des Kapsch Preises mit aktueller Einzelaus-stellung im mumok, Wien. Die große Gruppenschau „Was vom Kino übrig blieb“ verdichtete die historische und aktuelle Relevanz von Kino in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Filmmuseum und der Diagonale, Festival des österreichischen Films zu einer großen Ausstellung. Das vielbesprochene Thema Transgender und ihre/seine persönlichen Spielarten wurden in einer Art „Walk-in-Painting“ von Ashley Hans Scheirl erlebbar gemacht (Katalog 2019). Zeitgleich beschäftigten sich die slowenisch-österreichische Künstlerin Maruša Sagadin (Skulptur) und der polnische Künstler Tymek Borowski (Malerei, Video) in einer Ausstellung mit dem gemeinsamen Europa und wie Kunst darin funktionieren kann (Kooperation Österreichisches Kulturforum in Warschau). Eine Auftragsarbeit („Silver Ratio“) zur künstlerischen Bespielung des Foyers mit Licht- und Soundkunst konnte an die österreichische Künstlerin LIA in Kooperation mit Klanglicht vergeben werden. Ein dreijähriges Katalogprojekt „Jörg Schlick. Monografie und Werkverzeichnis“ fand mit der Ausstellung „Studienraum Jörg Schlick“ und der fertiggestellten Monografie seinen Abschluss.
Die junge britische Künstlerin Hannah Perry verhandelte in einer kommissionierten begehbaren Installation zeitaktuelle Formen der Kommunikation und tradierter Geschlechtervorstellungen, die 2019 im Hamburger Kunstverein gezeigt wird. Den Aspekt immersiver künstlerischer Herangehensweise behandelte die Ausstellung „Artificial Paradise? Immersion in Raum und Zeit“ im steirischen herbst. Aktuell verwandelt der aufstrebende britische Künstler Stuart Middleton das Untergeschoss in eine an einen Schlachthof angelehnte raumgreifende Installation, welche die formative Kraft des sozialen Umfelds und das zerstörerische Potential von zwischenmenschlichen Beziehungen untersucht. Ein neuer Screening-Raum zeigte im Rahmen von „Raum D: Digitale Projekte“ ganzjährig alternierend fünf Videoarbeiten. Weitere Publikationen wie „Maja Vukoje“, „The only performances that make it all the way ... Yes, but is it performable“ und die Vinyl LP „JB Slik in the mix“ (in Zusammenarbeit mit Albert Oehlen) wurden zudem 2018 herausgegeben. 36 Beiträge zählt aktuell das inhouse Online Magazin KM– Journal, das die Ausstellungen publizitisch im Internet begleitet.
Im Jahr 2018 haben bis Jahresende 21.330 BesucherInnen die Programme im Künstlerhaus besucht. Vor 5 Jahren waren es 12.558, 2011 zuletzt vor Übernahme zwischen 4.000 und 8.000 BesucherInnen. Auf Facebook mögen insgesamt 11.621 UserInnen das Künstlerhaus und seine Leitung. Auf Instagram sind es 2.607 AbonnentInnen, und auf Twitter gibt es aktuell 6.678 Likes.
Das Lukrieren von Drittmitteln wird projektbezogen weiterhin vorangetrieben. Die Sponsoringleistungen (Bar- und Sachleistungen) für 2017 ergaben die Summe von 44.402 Euro. Der Jahresumsatz ist in den letzten Jahren leicht gestiegen und liegt im Jahr 2018 bei rund 631.191 Euro (2017 waren es 619.146,27 Euro).
Programmvorschau 2019
Inhaltlich anspruchsvolle Themen, die relevante Fragestellungen der Gesellschaft im Heute und Morgen behandeln, werden nach wie vor einen Schwerpunkt in der Programmatik des Künstlerhauses, Halle für Kunst & Medien bilden: Gleich zum Auftakt des Jahres 2019 präsentiert sich ein Dreiklang von höchst unterschiedlichen Ausstellungsformaten, die aktuelle Diskurse um Demokratie, Geschichte und Sprache wie dessen Bezüge zum Verhältnis Individuum zu Gesellschaft aus verschiedenen Perspektiven beleuchten:
Vor dem Hintergrund aktueller politischer und medialer Entwicklungen widmet sich das Künstlerhaus der Freiheit der Rede, ihrer Verwendung und ihrem Missbrauch. Hate Speech. Aggression und Intimität zeigt internationale Positionen der zeitgenössischen Kunst, die sich mit Formen der Kommunikation und Wirkung der Social Media und ihrer medialen Spielarten befassen. Fragen rund um Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit begleiten die Auseinandersetzung. „Hate Speech. Aggression und Intimität“ versteht sich als Beitrag einer gemeinschaftlichen Diskussion und verfolgt das Ziel, die Sensibilität und das Bewusstsein für den virtuellen, öffentlichen und privaten Raum zu erhöhen, um den Wert der demokratischen Meinungsbildung innerhalb einer offenen Zivilgesellschaft zu unterstützen.
Im Anschluss daran lädt das von dem deutschen Satiriker und TV-Star Jan Böhmermann realisierte Ausstellungsformat „Deuscthland#ASNCHLUSS# Östereich” die Besucher_innen im besonderem Maß zur Partizipation und zum Nachdenken ein. Neben seiner Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen fokussiert Jan Böhmermann (*1981 Bremen) immer wieder die Grenzen der Satire und ihren Platz im kulturellen Raum.
Für das Projekt „Deuscthland#ASNCHLUSS#Östereich” konzentriert Böhmermann seine geballte Unkonzentriertheit auf die Identität der österreichischen Republik und „ihres Mutterlandes Deutschland” (O-Ton Böhmermann) – und fragt mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor nach dem politischen und kulturellen Status-Quo des Landes, welches wir Heimat nennen. Mit der Grazer Ausstellung erweitern Jan Böhmermann und seine Mitstreiter der Kölner Bildundtonfabrik ihre erfolgreiche Installation „DEUSCTHLAND” (2017, NRW Forum, Düsseldorf) nach Südosten.
Zeitgleich dazu wird im Untergeschoss des Künstlerhaus mit Ákos Ezer ein Newcomer der ungarischen Kunstszene gezeigt, dessen künstlerische Arbeit sich thematisch nah an der Realität der Gegenwart seines Heimatlands abarbeitet. Gegenstand seiner Malerei sind fortlaufend absichtsvoll oder slapstickhaft stürzende, zumeist männliche Figuren. Ezers bunte Formkompositionen changieren zwischen figurativ und abstrakt, wobei eine konzeptuelle Prise Humor komplexe politische Umstände, in denen sich ein Jedermann ebenso wie die Mächtigen verheddern, offenlegt. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der die Präsentation mit der im Jahr 2017 im Künstlerhaus ausgerichteten Ausstellung “Abstract Hungary” zusammenführt.
Im Rahmen von „Klanglicht“, dem urbanen Licht- und Klangkunstfestival unter Initiative mit der Theaterholding, ist die Künstlerin Tina Frank (*1970 Tulln) eingeladen, das Foyer und den Außenraum des Künstlerhauses, Halle für Kunst & Medien, mit einer audio-visuellen Installation zu bespielen.
Die enge Verbundenheit der Institution zur regionalen Kunstszene schlägt sich auch im Ausstellungsjahr 2019 in seinem Programm wieder. So wird für den Sommer eine große Einzelausstellung des steirischen Künstlers und nationalen Schwergewichts Herbert Brandl mit einer großflächigen Neuproduktion zum Thema Gewalt vorbereitet.
Auch die Nachwuchsförderung liegt dem Künstlerhaus traditionell am Herzen: Im Winter wird die in Graz geborene Malerin und Newcomerin Kamilla Bischof eine Neuproduktion für das Untergeschoss konzipieren, die in ihren künstlerisch surreal anmutenden Kosmos eintauchen lässt. Zugleich markiert die Ausstellung einen kraftvollen Ausblick in die vormals vorrangig männlich dominierte Rezeptiongeschichte der Malerei.
Im Bewusstsein um die mit seinem Gebäude im Grazer Stadtpark zusammenhängende Geschichte und der Verpflichtung zur Aufarbeitung eben dieser ist das Ausstellungshaus besonders froh, gemeinsam mit dem steirischen herbst ein Projekt mit dem international gefeierten, englischen Künstlers Jeremy Deller anzukündigen. Der steirische herbst 2019 wird seiner Gründungsgeschichte als Avantgarde-Festival in einer konservativen Umgebung nachgehen. Dabei wird sich der Fokus auf den Einfluss von moderner Kunst auf Graz richten, einer nachhaltig durch das Barock und die Gegen-Reformation geprägten Stadt. Das umfangreiche Ausstellungsprojekt des steirischen herbst wird zeitgleich an mehreren Orten in Graz gezeigt. Im Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien zeigt Jeremy Deller (*1966 London, lebt in London) dazu eine ortsspezifische Neuproduktion. Im Mittelpunkt des Projekts stehen neue historische Erkenntnisse über den zentralen Einfluss der britischen Alliierten auf die Erbauung des Künstlerhauses im Jahr 1952, die entgegen der bisher geläufigen Geschichtsschreibung der Entstehung der Institution als regionale Anstrengung von Gebietskörperschaften und Künstlervereinen gelesen werden kann. Dellers Ausstellung gehen umfangreiche Archiv-Recherchen der Dokumente zur Architektur, Ausrichtung und Geschichte des im Zeichen der „Weißen Moderne” in sakraler Tempelform errichteten Gebäudes voraus. Für das Künstlerhaus markiert die Show mit musealem, dokumentarischem Charakter eine bedeutende Korrektur in seiner eigenen Geschichte.
Entsprechend dem Medienkunst-Schwerpunkt bzw. der Aufmerksamkeit für Künstler_innen aus den südosteuropäischen Nachbarländern des Hauses fördert es 2019 aufstrebende junge künstlerische Positionen im Rahmen von Ausstellungsprojekten, die sich mit zeitgenössischen Reproduktionsverfahren, Übersetzungsprozessen und der Frage nach Autorschaft im digitalen Zeitalter beschäftigen; so beispielsweise die Berliner Künstlergruppe Peles Empire (Barbara Wolff * 1980, Făgăraș, Rumänien; Katharina Stöver * 1982, Gießen).
Eine bemerkenswert große Zahl der geplanten Projekte fokussiert umfangreiche Einbauten von großen Installationen, die eigens für das Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien entwickelt werden. Die Auswahl von konzeptbasierten Künstler_innen die die räumliche Inszenierung einer Ausstellung von Anfang an mitdenken, verspricht ein intensives Kunsterlebnis. Diese zahlreichen Neuproduktionen des Ausstellungsprogramms machen das Künstlerhaus als Ort für künstlerische Weiterentwicklung bekannt. Viele der Ausstellenden schlagen hier, in Graz, ein neues Kapitel ihres künstlerisches Schaffens auf.
Die Schiene Digitalia im Screening-Space des Künstlerhauses, Halle für Kunst & Medien fungiert als zusätzliches experimentelles Spielbein und bietet die Möglichkeit in kurzer, serieller Abfolge vorzugsweise junge, medienkünstlerische Positionen zu zeigen. Mit diesem Format ergänzt das Haus seine Programmatik und schafft einen breiteren Dialog zwischen seinen unterschiedlichen Ausstellungsplattformen.
Komplimentierend zum Ausstellungsprogramm im Inneren des Künstlerhauses werden außerdem Thomas Baumann und die Künstlergruppe Peles Empire skulpturale Arbeiten im Außenraum umsetzten und so die Sichtbarkeit und Wirkung der Institution in den urbanen Raum unterstützen.
Mit einem vielfältigen und kontinuierlichen Rahmen- und Vermittlungsprogramm bestehend aus Besucher_innenführungen, Workshops, Podiumsdiskussionen, Vorträgen, Katalogpräsentationen, thematischen Zwiegespräche, Performances und Konzerten, das zu jeder Ausstellung eigens konzipiert wird, nimmt das Künstlerhaus seinen Vermittlungsauftrag weiterhin sehr ernst und bietet seinem Publikum viele Möglichkeiten der inhaltlichen Vertiefung. In diesem Rahmen werden immer wieder Wissenschaftler_innen, Künstler_innen und andere für die Kulturszene bedeutende Persönlichkeiten eingeladen.
Die Kunstvermittlung bietet ein vielfältiges Programm für Interessierte an, mit Hightlights für ein breites Publikum während dem Schulaktionstag „Extraklasse!“, dem Tag der offenen Tür und dem Sommerfest, der Langen Nacht der Museen und dem Studierendentag „Hörsaal KM–“.
In den nächsten zwei Jahren wird das Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien sein digitales Katalogformat KM– Journal weiterhin für jede Ausstellung bespielen. Dies öffnet die Ausstellungen, ihre thematisch weiterführende Besprechung und die Dokumentation der Arbeit des Hauses in den digitalen Raum und macht sie für Interessierte ortsungebunden sowie nachhaltig einsehbar.
Insgesamt steht das Künstlerhaus als Halle für Kunst und ihren Medien in seinem Programm und seiner Verbreitung für ein Fenster zur Welt, das ausgewählten lokalen wie internationalen Künstler_innen eine Bühne gibt aktuelle Thematiken in ihre Bilder zu übersetzen, die durch größere Themenausstellungen zur Kunst und ihrer Zeit ergänzt werden.