Mithilfe von Software-Anwendungen und Sozialen Netzwerken erschaffen zig Millionen von Nutzer_innen jeden Tag Online-Identitäten. Diese „alltäglichen Autobiographien“ (Smith / Watson 1994) verdeutlichen das Ausmaß in dem Online-Identitäten relational und formbar sind. Die performativen Gesten, mit denen Einzelne ihr Leben für den öffentlichen Konsum bereitstellen, liefern interessante Einblicke in das Gesamtphänomen der sozialen Netzwerke. In diesem Vortrag wird Silvia Schultermandl die Idee der alltäglichen Autobiographien erläutern, indem sie den Fokus auf die Erneuerung des Genres durch soziale Medien als neue autobiographische Praxis, die Erschaffung von gegen-hegemonischen Lebenserzählungen und die Dimensionen von Online-Communities, resultierend aus der interaktiven Natur der sozialen Medien, legt. Mithilfe von zwei feministischen Online-Kunstprojekten wird erörtert, auf welche Weise sich Online-Identitäten Stereotypen entgegensetzen und Handlungsmacht zurückerlangen, durch die Genre-Eigenschaften dieser alltäglichen Autobiographien. Die Theorien zur Politik der Resignifikation (Butler) und die Schaffung einer Gegenöffentlichkeit (Warner) in den sozialen Medien sind zentral für den Ansatz der Vortragenden.
Priv.Doz. Mag. Dr.phil. Silvia Schultermandl (*1979 Wolfsberg, lebt in Graz) ist außerordentliche Professorin für Amerikanistik an der Universität Graz, wo sie Seminare zu amerikanischer Literatur und Kultur unterrichtet. Schultermandl ist Autorin einer Monographie zur Repräsentation von Mutter-Tochter Konflikten in asiatisch-amerikanischer Literatur und die Mitherausgeberin von fünf Essay-Sammlungen, die verschiedenste Themen der transnationalen Studien, der amerikanischen Literatur und Kultur, sowie Familien- und Verwandtschaftsstudien untersuchen. Aktuell bereitet sie die Publikation einer Monographie zur Ästhetik des Transnationalismus in der amerikanischen Literatur und Kultur von der Revolution bis 9/11 bei Routledge vor und entwickelt, mit May Friedman, die Palgrave „Series in Kinship, Representation, and Difference“. Ihre aktuellste Arbeit in Verbindung zum Vortrag ist die Herausgabe des Sammelbandes „Click and Kin: Transnational Identity and Quick Media“ (2016) und eine Spezial-Journal-Ausgabe „Autobiography 2.0 and Quick Media Life Writing“ (2018).