Mit der zweiten Eröffnung der Reihe „Yes, but is it performable? Untersuchungen des performativen Paradoxes" wird die Ausstellung mit dokumentarischen Arbeiten der österreichischen Künstlerin Renate Bertlmann ergänzt. Dabei handelt es sich um Vorstudien, inszenierte Fotografie und fotografische Dokumentationen und Videos von prägenden Performances der Künstlerin Ende 1970er bzw. zu Beginn der 1980er Jahre. Alle diese Aufführungen eint, dass sie ihre Energie aus der von der Künstlerin performativ freigelegten Ambivalenz „weiblicher“ und „männlicher“ Beziehungen in Sexualität und Begehren ziehen. Die den Geschlechterrollen schablonenhaft zugewiesenen vorgefassten Erwartungen innerhalb der Gesellschaft erfahren so kritische Hinterfragung und Überprüfung durch die Künstlerin.

Auch der englische Künstler und Bildhauer Stuart Brisley entwickelte in den 1970er Jahren eine Reihe von Arbeiten, die Konfliktpotentiale des Menschen thematisieren. In „12 Days“ (1975) schuf der Künstler vor Publikum in Rottweil eine Gefängnisstruktur aus Holzstäben, aus der er letztlich ausbrach und sich befreite. Die Fotodokumentation dieser Arbeit wird nun erstmals um schriftliche Kommentare, im Rahmen eines während der Ausstellung im Jahr 1975 durchgeführten Schulprojektes eingeladener Schüler_innen aus Rottweil ergänzend präsentiert. Dabei handelt es sich um einzigartige Zeugnisse großer Empathie gegenüber dem Künstler und seiner Performance, welche von instinktiver Ablehnung bis glühender Verteidigung des Künstlers und seiner künstlerischen Praxis reichen.

Die Aufführung zur Eröffnung stammt von dem Performance- und Künstler_innenduo Karl Karner und Linda Samaraweerová. In der Premiere von „WÜRFELN - FELL MIT BALL“ präsentieren sie auf beiden Ebenen des Hauses ein performatives Setting, welches sich inhaltlich zwischen fiktiven und biografischen Elementen um Fragen der Neuorientierung und Heilung drehen. Während die Performer_innen selbst im Hauptausstellungsraum bewusste Handlungsabläufe darstellen, kommt es gleichzeitig im Untergeschoß des Künstlerhauses zu Projektionen, welche die Künstler_innen in einem individuellen und langwierigen Kampf und in Suchbewegungen nach Lösungen aus Verhaltensmustern zeigen, um in neue Lebenswirklichkeiten zu gelangen. Die Musik zu den Videoarbeiten stammt vom tschechischen Komponisten zeitgenössischer Musik Robert Jíša, während die Kamera die Wiener Fotografin und Kamerafrau Judith Stehlik verantwortete.