Der Architekt und Künstler E.d Gfrerer (*1958 in Paternion, lebt in Graz) geht in den für seine Ausstellung getätigten räumlichen Untersuchungen vom konkreten Raum aus, d.h. er ist selbst vor Ort aktiv. Bereits Wochen vor der Eröffnung schafft er sich zu allererst im Gebäude eine Bauhütte, in der er Einbauten und Display-Eingriffe vergangener Ausstellungen beobachtet, um im Anschluss mittels skizzenhaften Zeichnungen mögliche Zu- und Eingriffe für die eigene Ausstellung zu testen und so letztlich durch Erweiterung oder Verdichtung von Zwischenräumen zu intervenieren. Gfrerer setzt dabei vor allem auf die im Haus vorgefundenen Ergänzungen der Ausstellungsarchitektur wie Gipskartonwände und Bühnenkonstruktionen, mit welchen er fragile temporäre Konstruktionen sowie lose skulpturale Ausformungen entwickelt. Ohne Bohrungen vorzunehmen montiert er diese so, dass sie dem Ausstellungsort einen neuen Denkraum zuordnen. Durch die präzise Bearbeitung des Vorhandenen, seiner räumlichen Re-Konstruktion und dem freien Umgang mit den Raumachsen stellt der Künstler ein oftmals tradiertes Selbstverständnis in der Nutzung von Ressourcen infrage. Dabei fordert Gfrerer zu erhöhter Sensibilität gegenüber der unmittelbaren Umgebung und ihrer Benutzung auf und legt dabei zusätzlich ursprüngliche architektonische Grundprägungen frei.
Gfrerer operiert in seiner installativen Annäherung an die Architektur des Hauses, ihrer Ausrichtung und der Relation ihres Umraums in gedanklicher Nähe des Begriffs „Index“, welchen die Kunsthistorikerin Rosalind Krauss für skulpturale Interventionen an der Schnittstelle von Kunst und Architektur folgend etablierte:„Die Spuren, die Abdrücke, die Indizien, jeweils durch eine physikalische Ursache bewirkt, sind Zeugen dieser Ursache, die in dem erhaltenen Zeichen nicht länger selbst präsent ist.“
Auf einem im Seitentrakt der Ausstellung errichteten Skizzentisch dokumentieren gezeichnete Baupläne die Zahlen und Abmessungen der Eingriffe und verdeutlichen, dass Gfrerer die verwendeten Materialien in Bewegung und im Fluss ihres Verwendungspotentials zeigen will, welche nur für die zeitliche Begrenzung der festgelegten Ausstellungsdauer im Ruhezustand und somit überhaupt erst betrachtbar präsentiert werden können.
In Gfrerers künstlerischer Praxis überwiegt keine durchgängige Technik und es gibt auch keine visuelle Wiedererkennung. Dennoch eint alle seine Arbeiten, dass sie stets vom Gegebenen ausgehen. Es geht dem Künstler hierbei nicht um die Erfindung neuer Welten, er schafft auch keine neuen Kunstwerke als in sich geschlossene Objekte. Seine Arbeiten gleichen vielmehr offenen Systemen, die wiederum mehrere Anschlussmöglichkeiten in die unterschiedlichsten Sphären der Wirklichkeit eröffnen. Gfrerer geht dabei von alltäglichen Dingen, Situationen und einfachen, konzentrierten Wahrnehmungen aus, die er durch seinen künstlerischen Blick zum Ausgangspunkt der Produktion für neue Werke und Interventionen nimmt. Er vertraut dabei auf die Eigenlogik von räumlichen und sozialen Zusammenhängen, aus denen er Konstellationen entwickelt, die das Vorgegebene, seinen künstlerischen Eingriff und die Betrachter_innen in eine flexible, offene und dynamische Beziehung versetzen. Eine eigens gestaltete Künstleredition begleitet den Entstehungsprozess der Ausstellung.
Ausstellungen (Auswahl)
„Außenposten/Baustelle Europa/unt(d)erstand", Graz (2015)
„Haltestelle in der Wüste, Prostor I – raum UND", Sarajevo (2014)
„The artists are present", < rotor >, Graz (2014)
„Landscape", Galerie Rhizom, Graz (2013)
„Delta-Laboratorium für Immunologie/Sektor 1", Bukarest (2013)
„Transchriften", Verein Introspection, Joanneum, Graz (2012)
„Wiederherstellung – ans Licht gebracht", Kulturhauptstadt Maribor, Maribor (2012)
„Im Westen Nichts Neues – Zwischennordsüd", Basilika Mariazell, Mariazell (2011)
„Kunstpiloten, Verein Introspektion", Graz (2010)
„Continental Drift", Tiflis (2010)
„Parabol", Forum Stadtpark, Graz (2009)