In den ortsspezifischen Arbeiten, die der Künstler Heribert Friedl (*1969 Feldbach, lebt in Wien) für seine Ausstellung im Künstlerhaus – Halle für Kunst & Medien entwickelt hat, gibt es wenig zu sehen. Denn den visuellen Reiz, der gemeinhin bei der Betrachtung von Kunst entscheidend ist, hält Friedl für überstrapaziert. Zu lange, zu intensiv, zu aufgeladen sei die meiste Kunst schon von vornherein auf ein zündendes Seherlebnis angelegt. Friedls künstlerische Praxis basiert auf gründlichen Recherchen zur Geschichte und den Besonderheiten des jeweiligen Ausstellungsorts. So hat er für das Künstlerhaus eine Soundinstallation entwickelt, die dessen Lage inmitten des Grazer Stadtparks als Ausgangspunkt nimmt. Gerade dort schwärmen mit dem Anbruch des Frühlings (und der Brutzeit) die heimischen Vögel umher und machen bereits ab dem Morgengrauen mit ihren individuellen Gesängen auf sich aufmerksam. Friedls auf handgefertigten Instrumenten eingespielte Kompositionen fügen sich subtil in das Vogelkonzert ein, erweisen sich als klangliche Ergänzungen, zuweilen sorgen sie auch für Überraschungsmomente. Für Laien sind die instrumentell erzeugten Klänge kaum von natürlichem Vogelgesang zu unterscheiden. Da ein Vogelkonzert aber einer präzisen Taktung nach der (Vogel-)Uhr folgt, unterlaufen Friedls Kompositionen die natürliche Abfolge.
Für die Resultate seiner nicht-materiellen, künstlerischen Praxis benutzt Heribert Friedl seit 1996 den Begriff „nonvisualobjects“. Unter dem Namen „nvo | nonvisualobjects“ betreibt er gemeinsam mit dem Künstler Raphael Moser seit 2005 auch ein Label, welches für Interpretationen im Bereich des musikalischen Minimalismus steht. Bekanntheit erlangte Friedl aber insbesondere durch seine Duftarbeiten, die auf der wissenschaftlichen Erkenntnis basieren, dass wir visuelle Erlebnisse besser in Erinnerung behalten, wenn wir sie mit bestimmten Gerüchen verbinden. In der neuen, eigens für den Treppenaufgang im Inneren des Künstlerhauses geschaffenen Arbeit bringt Friedl geschichtliches Ereignis und Geruchserlebnis zusammen. Entlang des Treppenhauses hat der Künstler mit Duftstoffen die Zahl 1952 aufgetragen, die das Eröffnungsjahr des Künstlerhauses angibt.
Die Aromen der einzelnen Ziffern werden assoziativ bzw. spekulativ eingesetzt und stehen somit in einer Verbindung mit dem Ausstellungshaus. Obwohl die Gerüche vom Künstler nicht deklariert werden, fungieren sie trotzdem als Bindeglieder zwischen dem Ort und dessen Besuchern. Und da die volle Entfaltung der Duftnoten erst durch Reiben der behandelten Flächen hervorgerufen wird, wird in dieser Arbeit das olfaktorische Erlebnis – mit institutionskritischem Zwinkern – durch eine taktile Erfahrung ergänzt.
Der Titel der Ausstellung „Als ich den Finger aus dem gefiederten Po zog, hat es wahnsinnig angenehm nach frischem Lehm gerochen.“ bringt die Soundinstallation mit den Vogelstimmen im Außenraum und die Duftarbeit im Inneren des Künstlerhauses zusammen. Beide vereint, dass sie Bilder aus der Vorstellung hervorrufen. So konzentriert sich Heribert Friedls Praxis auf eine radikale Form von Kunst: das imaginäre Bild.
Heribert Friedl (*1969, Feldbach) schloss 1998 sein Diplom an der Universität für Angewandte Kunst in Wien mit Auszeichnung ab. Er ist Preisträger beim Förderungspreis für bildende Kunst in der Steiermark (1999), beim 31. Österreichischen Graphikwettbewerb (2009), des Universalmuseum Joanneum Preis (2010) sowie beim 33. Österreichischen Graphikwettbewerb (2013).
Einzelausstellungen (Auswahl)
Stadtgalerie Saarbrücken (2016), Netwerk – Center for Contemporary Art, Aalst (2015), Kunstverein Baden (2013), KHG-Galerie und Leechkirche, Graz (2012), Kunstverein Ingolstadt (2008)
Gruppenausstellungen (Auswahl)
Salzburger Kunstverein (2016), Salzburg, Kunsthalle Wien (2015), Museum Villa Rot in Burgrieden (2015), Winzavod – Moscow Contemporary Art Center, Moskau, (2013), Neue Galerie Landshut (2012), Benediktinerstift Admont (2012), Kallmann Museum, Ismaning (2010)