Nachts geht der Zeichner Ingo Abeska durch seine Beute: Internationale Zeitungen und Zeitschriften dienen ihm als Inspiration und Medium. Er überfliegt die einzelnen Seiten, manches erscheint ihm relevant und interessant, manches bleibt links liegen. Intuitiv wählt er schließlich ein Motiv, eine Meldung oder eine Miniatur aus, um diesen eine eher lapidare, unbewusste Reaktion folgen zu lassen. Wie in einem Atlas sammeln sich bei Abeska Zeichnungen zu einer persönlichen Kartografie, die nicht nur seine Lesart zur Welt der Nachrichten und aktuellen Entwicklungen aufmacht, sondern die auch den Blick auf ein Dahinter freigeben.
Für seine subjektiven Auseinandersetzungen mit dem Weltgeschehen nutzt Ingo Abeska meist Packpapierhefte. Indem er die Seiten mit Zeichnungen füllt, mit Textzeilen ergänzt oder durch das Hinzufügen von Bildausschnitten Collagen schafft, entstehen seine eigenen Magazinreihen. In seinen Porträts fühlt sich Ingo Abeska – jenseits ihrer repräsentativen Positionen – in die Köpfe und Vorstellungen der gezeigten Personen ein. Persönlichkeiten aus Politik und Film tauchen ebenso auf wie namenlose Unbekannte. Narrativ verdichtet entstehen so auf Kommunikation, Emotion und Psyche kondensierte Abbildungen. Die einzelnen Seiten sind jeweils mit dem Datum, an dem diese „befüllt“ wurden, versehen. Manche der Meldungen, die Abeska für seine Zeichnungen heranzieht, liegen bereits einige Zeit zurück, bei anderen wird ersichtlich, dass er sich auf das aktuelle Tagesgeschehen bezieht. Anstelle von Bleistiften nutzt er meist einen schwarzen Malstift, wobei er vereinzelt auch auf Farbstifte zurückgreift. Ingo Abeska ist weniger ein Zeichner im klassischen Sinne, sondern vielmehr ein Erschaffer individueller Szenarien, die aus einer persönlichen Lesart der medialen Berichterstattung des Weltgeschehens entstehen.
Im Künstlerhaus zeigt Ingo Abeska sowohl jüngst fertiggestellte als auch während der letzten Jahre entstandene Hefte mit Zeichnungen und Collagen. Zudem hat er für seine Ausstellung auch das Heftformat verlassen. Seinen größeren, an den Wänden präsentierten Zeichnungen liegt aber die dieselbe Quelle zugrunde wie seinen Heftarbeiten: Der Ursprung liegt in den Tageszeitungen und Magazinen, die der Künstler regelmäßig durchstöbert.
Ingo Abeska (*1953 in Graz, lebt in Graz) spielte lange Gitarre und Klavier, bevor er sich in den 1990er-Jahren dazu entschied, mit dem Zeichnen zu beginnen. Anfangs arbeitete er auf losen Blättern, seit 2000 füllt er Hefte. Seit 2005 arbeitet er kontinuierlich mit dem Künstler E.d Gfrerer zusammen.