Koproduktion steirischer herbst & Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien
kuratiert von Sandro Droschl & Christian Egger
Anlässlich des nahenden 10-jährigen Todestages und in Auseinandersetzung mit dem diesjährigen Leitmotiv des steirischen herbst, welches den Begriff „Heritage“ (Erbe) thematisiert, ist es dem Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien (KM–) ein besonderes Anliegen, einem der produktivsten Künstler_innen steirischer Herkunft mit einem überbordenden Schaffen, internationaler Wirkung und beispielloser Haltung eine umfassende Personale widmen zu können: dem Autor, Konzept-künstler, Musiker, Maler, Kurzfilm-Regisseur, Video- und Performancekünstler, Ballett-Choreografen, Logenmitgründer sowie auch Bühnenbildner Jörg Schlick.
Diese breit und retrospektiv angelegte und raumgreifend inszenierte Schau versucht erstmals, Stichproben aller Phasen seiner umfangreichen, auf Serialität und Kombinatorik angelegten Arbeitsweise zu bündeln, dabei erstmalige Präsentationen von bislang noch nicht oder selten gezeigter Werkkomplexe zu integrieren, Unterscheidungen zwischen lautem Künstlerbild, der damit einhergehenden einschlägigen Mythologisierungen und dem präzisen bildnerischen Werk des stets unbeugsam investigativen Konzeptkünstlers vorzunehmen und unter dem Gesichtspunkt brisanter künstlerischer Fragestellungen der Jetztzeit und ihrer künstlerischen Entwicklungen und Manifestationen zu betrachten.
Denn Schlick erkannte die Vorzeichen eines Wandels des Berufsbildes
Künstler sehr früh: „Um als contemporary artist zu bestehen, sind umfassende Portfolios von Kenntnissen, Interessen, Strategien und Netzwerken die Norm geworden; die Fähigkeit und Bereitschaft, auf dem Hintergrund der Kunstgeschichte und des aktuellen Kunstgeschehens eine unternehmerische Haltung zum eigenen Selbst einzunehmen, Karriere und Kritik nicht als Widerspruch zu erleben, die performativen Repertoires des Künstlerischen zu beherrschen und zu erweitern, zwischen Plattformen und Projekten zu navigieren, nicht selten selbst als Plattform und Projekt zu handeln – all dies gehört zu den Schlüsselqualifikationen heutiger Produzentinnen und Produzenten von Kunst.“1)
Sein intelligentes und energetisches Spiel mit allen Formen künstlerischen Ausdrucks und ihren innewohnenden Appropriations-Potenzialen, diese geschickten Überwindungen des Originals, führte Schlick stets mit ausgeprägtem kreativen Gespür für Kontroverse und den verfügbaren (multi-)medialen Mitteln der Zeit, wobei nie abzusehen war, wie die einstige provokante Losung „Keiner Hilft Keinem“ zu einem elementaren Ausgangspunkt eines zunehmend in allen gesellschaftlichen Sphären verbreiteten egoistischen Selbstverständnisses verkommen konnte.
Zusätzlich zur umfangreichen Ausstellung beschäftigen sich im Rahmen des donnerstäglichen Vermittlungsformates des Künstlerhauses „An Art Day's Night“ in fünf thematischen Blöcken und in moderierten Gesprächsrunden über 20 ehemalige Wegbegleiter_innen, Förder_innen und Freund_innen des Künstlers mit Person, Leben und Werk und erläutern seinen nachhaltigen Ausnahmestatus.
Im Anschluss an die Ausstellung erscheint eine Katalogpublikation, die neben einem erstmals kompletten Werkverzeichnis einen ausführlichen Essay von Diedrich Diederichsen und zudem vom Maler und musikalischen Kollegen Albert Oehlen neugesichtete, und teils neu gemasterte Original-Aufnahmen von Musikstücken Jörg Schlicks in Form eines Downloadcodes enthalten wird.
1) Tom Holert, Übergriffe: Zustände und Zuständigkeiten der Gegenwartskunst, Philo Fine Arts, Hamburg, 2014, S. 14.